Die zehn besten Tipps für Radtouren im Winter bzw. bei Kälte
Kalte Tage und schlechte Wege im Herbst/ Winter können das Radfahren nicht nur vermiesen, sondern auch gefährlich machen. Wie geht´s besser?

Wird dir die Zeit zwischen der letzten Fahrradtour im Herbst und der ersten im Frühling auch oft zu lang? Oder hast du an sehr kühlen Tagen schon öfter auf einen Radausflug verzichtet, weil dich die Vorstellung des Frierens auf dem Bike oder Bahnhof abgeschreckt hat, oder auch die Angst vor Rutschen und Stürzen?
Wenn du meine Tipps beherzigst, kann es durchaus eine schöne und sichere Tour werden!
1) Achte bei der Planung auf die Sonne.
Denn die Temperatur allein sagt noch nicht so viel aus: es ist ja die Temperatur im Schatten. An einem Tag mit Sonne und wolkenlosem Himmel kann es deutlich wärmer sein als es der Wetterdienst anzeigt. Wichtig sind außerdem die tatsächlichen Sonnenstunden und der Stand der Sonne; wenn sie morgens oder nachmittags recht tief steht, hat sie auch keine wärmende Kraft mehr.
Auf die Sonne zu achten, bedeutet auch, Strecken mit möglichst wenig Schatten zu wählen. Meide vor allem Wald! Nicht nur wegen des Schattens: Wald ist per se kühler als das offene Gelände.
Noch mehr Infos zu diesem Punkt und tolle Touren-Vorschläge für kühle Tage bietet meine Unterseite „Gute Radrouten bei Kälte und Hitze“.
2) Achte bei der Planung auf den Wind.
Gerade im Winter fühlt sich Gegenwind noch viel kälter an als in den anderen Jahreszeiten; man friert also bei Gegenwind viel mehr als bei Rückenwind. Nutze mein Rückenwindsystem und lege deine Tour entsprechend.
Falls du doch einen Rundkurs radelst, dann lege das Stück mit Gegenwind auf die wärmeren Stunden des Tages, also in der Regel auf den frühen Nachmittag.
Generell würde ich an kalten Tagen eher von einer Radtour bei starkem Wind abraten, denn er kühlt dich auch von hinten aus und kann in Pausen echt unangenehm werden.

3) Streckenlänge verkürzen
Dass ich deutlich kürzere Strecken wähle, weil es im Winter und im Spätherbst (wozu ja auch noch fast der ganze Dezember zählt) viel kleinere Tageslicht-Fenster gibt und weil es morgens und nach Sonnenuntergang lausig kalt werden kann, ist eh klar. Ich checke am Vortag die Sonnenstunden und Tagestemperaturen stundengenau (geht z.B. bei wetteronline.de) und lege meine Tour ins beste Fenster. Wenn ich z.B. sehe, dass nur 4-5 Stunden gut gehen, begrenze ich meine Route auf ca. 60 km. Zudem schaue ich, ob ich die Strecke so legen kann, dass es unterwegs noch mindestens einen Bahnhof gibt, sodass ich nötigenfalls früher aufhören kann.
4) Zielbahnhof gut wählen.
Damit du nach deiner Tour nicht lange auf einem zugigen Bahnsteig frieren musst, plane deine Strecke möglichst so, dass du am Ende entweder einen Bahnhof mit sehr guter Anbindung und hoher Taktung hast (z.B. eine S-Bahn mit 10- oder 20-Minuten-Takt) oder einen mit einem geschlossenen, vielleicht sogar beheizten Bahnhofsgebäude; auf größere Bahnhöfe trifft das meist zu, etwa Cottbus, Brandenburg/Havel, Frankfurt/Oder, Eberswalde, Angermünde und Oranienburg. Hilfreich ist auch, wenn es ein End- und Startbahnhof ist, wo du schon deutlich früher einsteigen kannst, als der Zug losfährt, etwa Senftenberg und Schwedt, oder wenn es nahe deinem Zielbahnhof ein Lokal oder einen Supermarkt gibt, wo du dich ggf aufwärmen kannst (Öffnungszeiten?!).
Wichtig: Vergewissere dich am Morgen vor deiner Tour, ob deine Bahn am Ende auch planmäßig verkehrt!
Eine weitere Möglichkeit: Morgens/ vormittags mit der Bahn wohin und als Ziel dein Zuhause.

5) Rutschen und Unfälle vermeiden.
Ich selber würde eh keine Radtour bei schlechten Weg- und Straßenverhältnissen machen, also bei Eis, Schnee, überfrierender Nässe oder großen Mengen nassem Laubs. Es gibt auch in kalten Phasen und im Winter genug Tage, wo die meisten größeren Radwege frei von Eis, Schnee und Laub sind. Die Gemeinden in Deutschland haben die Pflicht, „verkehrswichtige“ Radwege zu räumen. Das heißt: Je „populärer“ deine geplante Strecke ist, desto höher die Chance, dass du freie Fahrt hast.
Aber manche Kommunen kommen dem nicht nach oder nicht hinterher. Nützliche Info: Wenn ein straßenbegleitender Radweg nicht radelbar ist, entfällt die Benutzungspflicht – Radeln auf der Straße erlaubt!

Oder manchmal verschätzt man sich auch und hat Teilstrecken mit gefährlicher Oberfläche in der Route (etwa Bodenfrost kann verdammt rutschig sein!). Was dann?
– Fahr LAAANGSAM!! Nötigenfalls sogar schieben!
– Vermeide starkes Bremsen.
– Abstand halten!
– Kommst du ins Rutschen, dann bremse möglichst gar nicht, sondern lass das Rad ausrollen.
– In Kurven weder schnell fahren noch bremsen, sondern sie vorsichtig ausfahren.
– Notfalls den Sattel etwas tiefer stellen (um im Ernstfall gleich die Füße auf dem Boden zu haben) oder etwas Luft aus den Reifen lassen (siehe nächster Punkt).

6) Den Reifen mehr Haftung geben.
Je schmaler, glatter und härter deine Reifen sind, desto höher ist logischerweise die Gefahr, dass du bei Streckenstücken mit Eis, Schnee oder Matsch ins Schlingern kommst. Falls du mehrere Bikes hast, dann wirst du eh das mit den breiteren Reifen wählen (Stollenreifen helfen bei unebenem Untergrund, Matsch und nassem Laub, aber nicht bei Eis). Falls du nur ein Trekking- oder Tourenrad hast, dann gib nicht so viel Druck auf den Reifen: Er sollte nicht knallhart sein, sondern bei der Druckprüfung mit den Fingern ein klein wenig nachgeben. Breite oder nicht ganz harte Reifen machen das Bike zwar etwas schwerfälliger, aber die Chance ist halt besser, heil nach Hause zu kommen.
Übrigens gibt es spezielle Fahrrad-Winterreifen (entweder mit kleines Spikes oder mit einer speziellen Gummilegierung, die besser haftet); doch da der Reifenwechsel ja immer Aufwand bedeutet, lohnen sie sich nur für Winter-Vielfahrer.
7) Bekleidung: Zwiebelprinzip.
Obwohl eine wattierte Jacke oder Daunenweste vielen als beste Option erscheinen mag, machen die meisten Menschen die Erfahrung, dass sie beim Radeln schon nach kurzer Zeit darunter schwitzen wie verrückt. Der Reflex ist meistens, dass man das Ding auszieht und dann durch die Verbindung von Schweiß und Fahrtwind sehr schnell stark auskühlt und eine Erkältung riskiert. Viel besser ist das Zwiebelschalensystem: mehrere dünne Schichten übereinander. Als unterste Schicht am besten eine gute Sportunterwäsche, dann ein bis zwei wärmende, isolierende Schichten (z.B. langärmliges Funktionsshirt mit angerauhter Innenseite, darüber einen dünnen oder dickeren Fleece). Die äußerste Schicht sollte wasser- und winddicht, aber atmungsaktiv sein.

8) Kopf, Hände, Füße warmhalten.
Für den Kopf habe ich oft zwei Mützen dabei: eine sehr dicke winddichte mit Ohrenklappen, die ich unter dem Kinn zubinden kann; sie schützt gerade beim kalten Start am Morgen recht gut. Wenn es dann darunter zu warm wird, wechsle ich zur normalen Strickmütze. Wer zum Radfahren einen Fahrradhelm benutzt, ist natürlich gut beraten, auszuprobieren, welche Mütze noch gut unter den Helm passt und dabei auch die Ohren bedeckt.
Auch für die Hände habe ich oft zwei Sätze Handschuhe dabei: dickere winddichte und etwas dünnere. Dabei achte ich nicht nur darauf, ob sie warm genug sind, sondern ob ich auch noch die Finger ausreichend bewegen kann, um Schaltung und Bremse zu betätigen.
Die Füße sind bei vielen, auch bei mir, ein echter Schwachpunkt. Egal, wie dick man dort angezogen ist, unter 6 oder 7 Grad Celsius werden die Füße binnen einer halben Stunde zu Eisklumpen. Wie kann das sein? Es kommt vor allem daher, dass bei den meisten Menschen der Körper bei Kälte in einen automatischen Überlebensmodus geht: Das Blut soll in den wichtigsten Organen warm bleiben und nicht über die äußersten Gliedmaßen und dünnsten Hautschichten auskühlen – also werden die Blutgefäße dort verengt. Folge: Füße, Hände, Nase und Ohren können stark auskühlen, sich sogar taub anfühlen oder schmerzen.
Manche behelfen sich fußtechnisch mit elektrisch beheizten Schuheinlagen, mir persönlich ist das zu umständlich und zu teuer. Das Wichtigste bei mir ist, dass die Schuhe knöchelhoch und absolut windundurchlässig sind, zum Beispiel Wanderstiefel, in die ich dann auch noch zwei Paar Wollsocken ziehe. Damit lässt sich zum Beispiel eine 60-km-Radtour noch ganz gut überstehen. Klar kann man mit Wanderstiefeln nicht so easy treten wie mit Turn- oder Fahrradschuhen, aber ist doch egal: Es geht ja nicht um Rekorde, sondern darum, trotz Kälte mal wieder eine schöne Strecke durch die Natur zu radeln.
Wer nicht auf seine Fahrradschuhe verzichten will (etwa wegen Klickpedalen), dem seien Überschuhe aus Neopren empfohlen; Neopren ist wasserdicht und hält warm.
9) Die Augen schützen.
Die Kombination von Kälte und Fahrtwind kann den Augen so zusetzen, dass sie fast ununterbrochen tränen; in dem Fall hilft eine durchsichtige oder gelb getönte Sportbrille, die recht großflächg am Gesicht anliegt (gibt’s im Internet oft für kleines Geld).
Das andere Problem ist die tief stehende Sonne – sie kann im Spätherbst und Winter sehr lästig blenden. In dem Fall ist natürlich eine (ebenfalls großflächige) Sonnenbrille gut.
10) Trinken nicht vergessen.
Das kennst du bestimmt auch: Ist es kühl, kommt (fast) kein Durstgefühl auf und du trinkst zu wenig. Das ist nicht nur ungünstig für die Durchblutung – es kann auch Kopfweh machen. Ermahne dich zu trinken! Nimm am besten ein Heißgetränk in einer Thermosflasche mit, das wärmt unterwegs sehr gut.
Und hier noch ein paar Bilder von meinen letzten Touren (alle Januar): Machen sie nicht Lust?






© Beatrice Poschenrieder