Wanderung 5: Schloss Charlottenburg, Spreeufer, Fließwiese Ruhleben, Murellenschlucht, Spandau

Ein Schloss mit Park, ein toller langer Spree-Uferweg, drei Naturschutzgebiete, eine Schlucht im Riesenwald, und das alles in Berlin!

Foto von oben: Zaun am Murellenberg über der Murellenschlucht
Blick von oben auf die Murellenschlucht; das Holz im Vordergrund ist ein Zaun, der verhindert, dass wir den steilen Abhang runterfallen

Gesamtlänge: 14,6 km (Strecke abkürzen: siehe unten)

Vom Startpunkt S-Bahnhof Westend zum Schloss Charlottenburg ist es nur ein Katzensprung; das große, langgezogene Schloss war ursprünglich viel kleiner: Bei der Einweihung 1699 gab es nur den Mittelbau, der damals noch nicht einmal die markante Kuppel besaß. Im folgenden Jahrhundert wurde er immer mehr erweitert, u.a. um Seitenflügel, eine gigantische Orangerie und eine Kapelle.

Foto vom Radweg / Fußweg aus: Schloss Charlottenburg, Südseite / Straßenseite
Das sehen wir als erstes vom Schloss Charlottenburg: Die Südseite / Straßenseite

Wir marschieren gleich zur Parkseite des gepflegten Palastes und haben dort auch den Schlossgarten vor der Nase; der ist ab Frühling bis etwa Mitte Oktober wunderschön bepflanzt, ist aber wegen seiner geometrischen barocken Form auch ohne Blumen interessant anzusehen. Die heutige Form entspricht übrigens weder dem ersten Gartenentwurf (ab 1697 von Siméon Godeau) noch den Umgestaltungen durch den berühmten Lenné und anderen Landschaftsarchitekten; im 2. Weltkrieg war die ganze Anlage stark zerstört worden, und in den 50er Jahren setzte sich die damalige Direktorin der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten, Margarete Kühn, dafür ein, den Garten wieder barock zu gestalten, zumal es in Berlin bis dahin keinen einzigen Barockgarten gab. Da aber die ursprünglichen Pläne in der Umsetzung zu teuer gewesen wären, nahm man barocke Musterbücher her. Das Ergebnis ist trotzdem überaus sehenswert, schau es dir an!

Blick vom Schloss Charlottenburg aus: Schlossgarten im Schlosspark, Blumenbeete, Schlossteich
Blick vom Schloss aus über den Garten im Sommer (Foto von JoJan, CC BY 3.0, commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=20493781)

Direkt hinter dem Garten, der Teil des großartigen Schlossparks ist, liegt ein ausladender Karpfenteich, der einen kleinen Ausläufer zur Spree hat – der Park schmiegt sich nämlich westlich an den Fluss – und mehrere große Ausläufer in den Park hinein. So haben die damaligen Landschaftsarchitekten auch mehrere hübsche Brücken ins Gesamt-Ensemble integriert:

Foto vom Schlosspark Charlottenburg aus: Hohe Brücke
Diese hier nennt sich Hohe Brücke

Viele Besucher machen von hier aus romantische Fotos wie das:

Foto von der Hohen Brücke im Schlosspark Charlottenburg: Schlossteich und Schloss
Blick von der Hohen Brücke auf den Karpfenteich und das Schloss

Weiter hinten gibt es noch ein kleines Schlösschen, das Belvedere; meine Route führt dran vorbei.

Foto im Schlosspark Charlottenburg: Belvedere bzw. Teehaus
Das Belvedere diente im 18. und 19. Jahrhundert nicht nur als Aussichtsturm, sondern auch als Teehaus und zur Aufführung von Kammermusik

Nun befinden wir uns bereits auf dem Uferweg an der Spree; am nördlichen Ende des Schlossparks gibt es einen kleinen Ausgang, der uns nahtlos zu einem Fußgänger- und Wanderweg namens Knüppeldamm bringt; als erstes geht er durch eine Kleingarten-Kolonie, bzw links ist die KGA, rechts der Fluss.

Foto vom Knüppeldamm in Berlin aus: Fuchs nahe der KGA Schleusenland und der Spree
Morgens begegnete ich zwischen der KGA Schleusenland I und der Spree einem prachtvollen Fuchs

Danach geht der Uferweg sehr grün weiter, es folgen Wäldchen und noch zwei Gartenkolonien. Fast dreieinhalb Kilometer führt uns der Knüppeldamm am Wasser lang…

Foto vom Uferweg und Wanderweg aus: Spree, Knüppeldamm Berlin
Unser wundervoller Uferweg an der Spree im Herbst
Foto vom Uferweg und Wanderweg aus: Spree, Knüppeldamm Berlin, Rastplatz / Aussichtsplattform
Ein Stück weiter westwärts kommt dieser nette Rastplatz

Am Ende geht´s hoch zum Wiesendamm (hier sind wir bereits in Ruhleben) und quer durch eine weitere KGA zu einem kleinen Park am Hempelsteig:

Foto vom Wanderweg aus: Park und Wilde WG am Hempelsteig, Ruhleben, Berlin
Spezial-Behausung auf der Grünfläche; das Schild besagt: „Achtung, wilde WG!“ Denn da wohnt allerlei Getier.

Der Hempelsteig führt uns dann auch geradewegs zum nördlichen Eingang der Ruhlebener Fließwiese. Das ist nicht nur eins der ältesten Naturschutzgebiete Berlins, sondern auch ein sog. Natura-2000-Gebiet: ein besonders geschütztes Habitat für seltene und bedrohte Tiere und Pflanzen. So wird auch sorgsam darauf geachtet, dass wir nicht in das Biotop hineinlatschen: auf der ganzen Länge trennt ein hölzernes Geländer unseren Wanderweg vom geschützten Bereich.

Foto vom nördlichen Eingang her: Fließwiese Ruhleben, Wanderweg, Fußweg
Und rein geht´s in die Fließwiese Ruhleben! Noch ist nichts Fließendes zu sehen

Es ist übrigens nicht wirklich eine Wiese (war´s früher mal), sondern eher eine Art Sumpfgebiet mit Urwald – ein Gemisch aus Bäumen, Sträuchern, Gestrüpp, Röhricht und vielen sonstigen Pflanzen.
Wikipedia: „Die Fließwiese Ruhleben ist eine Schmelzwasserrinne der Weichseleiszeit und hat sich aus einem See zu einem Verlandungsmoor entwickelt.“
Ein Verlandungsmoor entwickelt sich, indem ein ruhiges Gewässer (See, Teich, Sumpf o.ä.) immer mehr „zu Land wird“ (verlandet) durch die Ablagerung von Sedimenten und das Wachstum von Wasserpflanzen und Ufervegetation. Im Unterschied zu einem stehenden Moor gibt es aber bei der Fließwiese immer noch ein – wenn auch sehr langsames – Fließen.

Foto vom Wanderweg / Fußweg her: Fließwiese Ruhleben, Tümpel oder Teich
Weiter hinten kommen dann mehrere Tümpel oder „Fließe“
Foto vom Wanderweg / Fußweg her: Fließwiese Ruhleben, Tümpel oder Sumpf
Ist das nicht eine herrliche Wildnis?

Am südlichen Ende der Fließwiese gibt´s wieder einen nahtlosen Übergang, nämlich zur Murellenschlucht. Genaugenommen ist die Schlucht nur ein Teil davon – es gehören auch noch die Murellenberge und der Schanzenwald dazu. Meine Wandertour verläuft nicht einfach nur quer durch, sondern ich habe eine Route entwickelt, die in mehreren Bögen durch das Gebiet mäandert und ganz viel davon zeigt, etwa den Kammweg, den Talweg und den Höhenweg. Und natürlich den höchsten Murellenberg, den wir gleich zu Beginn erklimmen.

Foto vom Wanderweg / Fußweg her: Übergang von der Fließwiese Ruhleben zum Murellenberg und zur Murellenschlucht
Teil des Aufstiegs zum Murellenberg (es geht nämlich noch zweimal ums Eck)

Sprich, es gibt einiges an Hoch und Runter auf unserer Route durch die Schlucht, teils recht steile (wenn auch kurze) Anstiege! EMPFEHLUNG: Zieh feste Schuhe mit Profilsohle an.
Unterwegs begegnen wir nicht nur vielen Info-Tafeln, die die Geologie, Flora und Fauna anschaulich erklären, sondern auch einer Kunst-Installation. Hintergrund: Ein Teil des Gebiets besteht aus dem sog. Schanzenwald, und das Wort Schanze ist hier durchaus militärisch zu verstehen: eine wehrhafte Befestigung, die ungefähr ab 1855 entstand. Der Schanzenwald wurde „für rund 150 Jahre ununterbrochen als militärisches und später polizeiliches Übungsgelände und Schießplatz genutzt“ (Wikipedia). Und wiederum ein Teil hiervon war ab Ende des zweiten Weltkriegs ein Hinrichtungsort für militärische und politische Verurteilte – Schätzungen nach über 300.
Im Jahr 2000 lobte der Berliner Senat einen Wettbewerb aus: ein Denkmal sollte für die Hingerichteten entworfen werden. Den Zuschlag erhielt die in Berlin lebende Argentinierin Patricia Pisani; die Künstlerin stellte „entlang des Waldweges 104 Verkehrsspiegel auf, deren Zahl sich hin zur … Erschießungsstätte … verdichtet“. In 15 der 104 Spiegel sind Texte eingraviert, sie „verweisen auf die Geschichte, den Ort, die NS-Urteile und -Gesetze“ (Wikipedia).

Kunst-Installation am und auf dem Murellenberg und im Schanzenwald, Murellenschlucht Berlin
Auf dem Murellenberg stehen besonders viele der Spiegel als „Denkzeichen“

Anschließend schauen wir uns die geologischen Gegebenheiten der Schlucht an…

Foto vom oben: Treppe vom Murellenberg zum Kammweg, Murellenschlucht
Treppe runterwärts zum sog. Kammweg; der ist allerdings immer noch oben, also höher als die Schlucht
Aussichtspunkt / Aussichtsplateau am Kammweg über der Murellenschlucht
Am Kammweg wurde dieser Aussichtspunkt geschaffen
Foto vom Kammweg aus: Talweg in der Murellenschlucht, Berlin-Spandau
Von da kann man runtergucken auf den „Talweg“; dort entstand in der Eiszeit eine breite glaziale Rinne
Foto vom Schanzenwald her: Talweg und Wanderweg Murellenschlucht, Berlin-Ruhleben
Vom Talweg aus kann man ganz gut sehen, wie steil es teilweise in die Höhe geht
Foto vom Talweg her: Wanderweg und Treppe zum Höhenweg, Murellenschlucht, Berlin-Ruhleben
Am Ende des Talwegs haben wir wieder einen Aufstieg vor uns: Die Treppe zum Höhenweg
Foto vom Höhenweg über der Murellenschlucht her: Talweg
Blick vom Höhenweg runter auf die Schlucht, die aus dieser Perspektive eine tolle Farbe zeigt

Übrigens stehen der Schanzenwald und die Murellenschlucht auch unter Naturschutz!

Wenn wir dann aus dem Wald heraustreten, laufen wir in einem ruhigen Wohngebiet zwei-, dreimal um die Ecke und gelangen dann an eine Art Naturpark, auf dessen naturbelassenen Wiesen zum Teil auch Wasserbüffel weiden: Wir wandern jetzt am nördlichen Rand eines Landschaftsschutzgebiets namens Tiefwerder Wiesen entlang. Das sind Feuchtwiesen, die ähnlich wie die Ruhlebener Fließwiese einen Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere bieten, auch seltene; geologisch stellen sie sozusagen eine Verlängerung der glazialen Rille dar, die wir gerade durchschritten haben, und das Ganze ist wiederum Teil des Berliner Urstromtales.

Foto vom Fußweg und Wanderweg aus: Tiefwerder Wiesen, Berlin-Wilhelmstadt
Unser Wanderweg an den Tiefwerder Wiesen, Berlin-Wilhelmstadt
Foto vom Wanderweg aus: Tiefwerder Wiesen, Spandau-Wilhelmstadt
Auch hier verhindert ein Zaun, dass wir einfach reintappen

Kurz darauf überqueren wir die Havel…

Foto von der Schulenburgbrücke aus: Havel, Berlin-Spandau
Blick von der Brücke auf die Havel in südlicher Richtung: Links Industriegebiet, rechts der schöne begrünte Uferweg
Foto vom Westen her: Schulenburgbrücke über die Havel in Berlin-Spandau
Solide alte Handwerkskunst: Die Schulenburgbrücke in Berlin-Spandau

…und sind bereits im zentralen Spandau; hier folgen wir ein Stück dem Burgwallgraben…

Foto vom Süden her: Radweg und Fußgängerweg am Burgwallgraben Spandau
Auch am Burgwallgraben hat´s einen prima Uferweg

…und sind im Nu auf einem Grünzug, der zum Bullengraben gehört (siehe auch meine Radtour 101).

Foto vom Westen her: Grünanlage am Ziegelhof, ein kleiner Park in Spandau
Die Grünanlage am Ziegelhof: Rechts ein Biergarten, hinten die Havel

Wenn man am „Ziegelhof“ einfach links bis zur Klosterstraße geht, gelangt man nach ca. 100 m zu einem bekannten Eiscafé; meine Route indes führt rechts zu einem wundervollen Uferweg an der Havel und dann zum Bahnhof Spandau.

Foto vom Havel-Uferweg (Hermann-Oxfort-Promenade) in Spandau aus: Havel mit Kutter
Aussicht von der Hermann-Oxfort-Promenade auf die Havel
Foto vom Radweg und Uferweg aus: Rathaus Spandau
Die schönste Ansicht vom Spandauer Rathaus bietet der Uferweg! Direkt dahinter ist der Bahnhof

Übrigens: Diese Strecke ist als Radtour nicht bzw. nur bis U Ruhleben geeignet, da Radfahren in der Fließwiese und der Murellenschlucht nicht angezeigt ist.

Streckenführung:
S-Bahnhof Westend – Schlosspark Charlottenburg – nordöstlicher Ausgang – Knüppeldamm – Wiesendamm – Hempelsteig – Denkzeichenweg – Fließwiese Ruhleben – Murellenberg – Murellenschlucht – Höhenweg nahe Waldbühne – Alter Postweg – Elsgrabenweg – Tiefwerder Wiesen – Schulenburgstraße – Ziegelhof – Hermann-Oxfort-Promenade – Stabholzgarten – Bahnhof Spandau

Strecke abkürzen:
Erst ab U Ruhleben: 8,3 km
Ab Tiefwerderweg zur S Stresow statt Spandau: ca. 13 km
Ab dem Talweg in der Murellenschlucht zur S Pichelsberg (über Passenheimer Straße): ca. 10,4 km

Zur Karte:

Download file: W5-Wanderung-ab-S-Westend-Spree-Murellenschlucht-Spandau.gpx

WICHTIG: Falls du meine GPX-Daten bei Komoot hochlädst, bitte stelle meine Wanderung auf privat („nur für dich“) – ich hab sie in mühsamer Kleinarbeit für MEINE Webseite erarbeitet, nicht für das gierige Komoot.

© Beatrice Poschenrieder

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