Radfahr-Paradies Niederlande: Warum sich eine Radreise in Holland lohnt
Nirgends auf der Welt können Menschen so sicher, unbeschwert und ungebremst radfahren und radreisen wie in den Niederlanden

Obwohl Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wie etwa Polen, Italien und Tschechien in Sachen Radwege und Radfahrer-Sicherheit recht gut dasteht, kann es sich eine dicke Scheibe abschneiden vom kleinen Nachbarland, den Niederlanden. Nirgendwo sonst gibt es so eine vorbildliche Infrastruktur für Menschen auf dem Rad. Ich selbst war noch nicht dort; mein Kollege Marc lebt an der niederländischen Grenze auf der deutschen Seite, radelt aber viel öfter „drüben“, und sein Bericht macht mir große Lust, das kommenden Sommer mal auszuprobieren!
»Holland gilt nicht von ungefähr als DAS Fahrradland und sein Volk als Fahrradnation. Hier nur mal ein paar Zahlen: Deutschland hat zwar 8,6 mal mehr Fläche als die Niederlande, aber nur anderthalb mal mehr Radwege! (NL über 37.000 km, BRD rd. 55.000 km – damit sind alle Radwege gemeint, wie straßenbegleitende, aber auch Fahrradstraßen). Anders gesagt: Pro Quadratkilometer hat die BRD etwa 0,15 km Radweg, die NL etwa 0,89 km, also fast das Sechsfache!
Und in den NL gibt es mehr Fahrräder als Einwohner, womit das Land in diesem Punkt den Weltrekord hält.

Obwohl in Deutschland im europäischen Vergleich das Bike recht oft auch für den Weg zur Arbeit, zum Einkaufen und anderes genutzt wird, ist es für Holländer (selbst Politiker und Businessleute) viel selbstverständlicher, Rad statt Kfz zu fahren. Bei Fahrten von bis zu 7,5 km nutzt mehr als ein Drittel das Rad, bei Fahrten über 7,5 km immerhin mehr als ein Viertel. Insgesamt werden etwa 30 % aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt statt mit Auto oder Öffis, in großen Städten sogar bis 46 %, das ist immens! Wie kommt das???
Weil Radfahren in den Niederlanden so angenehm ist!
Dass es ein unglaublich großes Netz an Radwegen gibt, habe ich bereits erwähnt. Diese haben oft eine viel bessere Qualität als die deutschen: glattere Oberfläche, gepflegterer Zustand, breiter.


Dass Radler ebenso gut und sicher vorwärts kommen wie Autofahrer, wird in Deutschland noch nicht so wirklich beherzigt, in den NL schon lange. Neben dem besseren Ausbau und der besseren Pflege von Radwegen (z.B. Ausbessern von Löchern, Räumung von Schnee, Eis, Laub etc.) steht Sicherheit an erster Stelle. Die meisten Radwege sind von der Straße getrennt und bei der Planung wird auf „sanfte Kurven statt scharfen Ecken“ geachtet, sodass man ungestört flitzen kann. Darüber hinaus gibt es viele Verkehrsregeln und Vorrichtungen, die speziell für Radfahrer entwickelt wurden, etwa Ampeln und Tunnels nur für den Radverkehr. Auch die Beleuchtung ist hervorragend: Sowohl in den Städten als auf dem Land sorgen gut platzierte Laternen dafür, dass man auch bei Dunkelheit seinen Weg findet.
Und das Beste: Radfahrer und Autofahrer sind gleichrangig, haben also auf der Straße (etwa wenn es mal keinen extra Radweg gibt) die selben Rechte – zum Teil werden Radler*innen sogar bevorzugt! Sprich, es gibt Straßen, auf denen Kfz und Bikes fahren dürfen, aber Schilder und Straßenkennzeichnungen besagen ganz klar: „fietsstraat, auto te gast“ – „Fahrradstraße, Auto nur zu Gast“.
An den meisten Kreisverkehren und Abbiegungen müssen die Kfz-Führer den Radlern Vorrang geben, und das tun sie eh freiwillig: Denn bei Unfällen hat in der Regel der Kfz-Fahrer das Nachsehen.
Das bedeutet, dass Radfahrer eher selten als lästiges Hindernis betrachtet, sondern respektiert werden. Die Öffentlichkeit ist überwiegend fahrradfreundlich: Autofahrer halten an, um dich passieren zu lassen, und es gibt kaum Konflikte im Straßenverkehr. Für Touristen bedeutet dies, dass sie beim Radeln im unbekannten Terrain keine Angst haben müssen – die gesamte Umgebung ist darauf ausgerichtet, dass sie sich sicher und wohl fühlen.

Radtouren und Radreisen: Ein Traum!
Abgesehen davon, dass das Radeln durch das zumeist flache Gelände der Niederlande recht easy ist, gibt es noch weitere Punkte, die Ausflüge und Reisen angenehm machen:
• Die Entfernungen zwischen den Städten und Dörfern sind nicht zu weit, sodass man z.B. relativ schnell an Verpflegung oder ein Dach überm Kopf kommt. Zudem sind fast alle Verbindungen zwischen den Orten so konzipiert, dass du mit dem Rad den direkteren und kürzeren Weg hast als mit einem Kfz!
• Das Land ist auf Radreisende eingestellt, es gibt unheimlich viele Unterkünfte, die Annehmlichkeiten für Biker bieten, wie etwa abschließbare Fahrradräume, Werkzeug, Luftpumpen, Ladestellen.
• Das Knotenpunkt-System „Knooppunten“, das es bei uns ebenfalls gibt („Radeln nach Zahlen“), ist in Holland noch viel besser ausgebaut; an gefühlt jeder Kreuzung findet man Hinweise, ob man auf dem richtigen Weg ist und wo´s lang geht.
• Auch Fahrräder zu mieten, ist noch verbreiteter – also einfacher – als bei uns. Viele Bahnhöfe und Fahrradgeschäfte bieten sie zu günstigen Preisen an (auch E-Bikes und Tandems). Die meisten Verleihstationen sind an das Knotenpunktsystem angeschlossen, sodass man seine Tour sofort starten kann.
Das heißt: Selbst Menschen, die zuhause wenig bis gar nicht radeln, finden hier im Urlaub vielleicht Spaß an dieser Fortbewegung, weil es so einfach und entspannt umzusetzen ist.

Abwechslung ohne Ende
Die Niederlande bieten eine unglaubliche Vielfalt an Landschaften. Von den malerischen Windmühlen in Kinderdijk bis zu den weiten Sandstränden in Zeeland gibt es unzählige Highlights zu entdecken. Auch Naturliebhaber kommen auf ihre Kosten: In Nationalparks wie der Hoge Veluwe ist Radfahren erlaubt. Darüber hinaus gibt es viele urtümliche Städte und Dörfer, die sich für einen Zwischenstopp eignen.
Fernradwege in den Niederlanden
Ein weiteres Highlight für Radfahrer sind die LF-Routen (Landelijke Fietsroutes). Diese Fernradwege mit einer Gesamtlänge von mehr als 4.500 Kilometern verbinden die schönsten Regionen und Sehenswürdigkeiten des Landes und eignen sich sowohl für Tagesausflüge als auch für mehrtägige Radtouren. Besonders beliebt ist die LF1, auch Noordzeeroute genannt (280 km). Sie führt entlang der niederländischen Küste und bietet atemberaubende Ausblicke auf das Meer. Wer zum Beispiel von einem Ferienhaus in Zeeland aus startet, kann problemlos mit Tagestouren diverse Teile dieser Route erkunden und sein Gepäck in der Unterkunft lassen.

5 tolle Fahrradgebiete in den Niederlanden
Zeeuws-Vlaanderen und Cadzand-Bad
Zeeuws-Vlaanderen ist bekannt für seine langen Strände und malerischen Dörfer. Die Umgebung von Cadzand-Bad bietet ein gut ausgebautes Fahrradwegenetz durch die Dünen und entlang der Nordsee. Hier kann man nicht nur die Ruhe der Natur genießen, sondern auch in einem der vielen Strandcafés einkehren.

Zeeland – Renesse
Zeeland ist eine Provinz am südwestlichsten Zipfel des Landes; es liegt nicht nur an der Nordsee, sondern wird durchzogen von Meeresarmen und besteht daher aus etlichen Inseln, Halbinseln und sehr viel Wasser!
Mittendrin und schön am Meer liegt das Seebad Renesse – ein Paradies für Strandliebhaber und Radfahrer. Zahlreiche Fahrradrouten verbinden den Ort mit den umliegenden Dörfern und Stränden. Bemerkenswert sind auch die Routen durch die Naturschutzgebiete, wo man mit etwas Glück sogar Seehunde beobachten kann.

Nordholland – Schoorl und Bergen aan Zee
Schoorl und Bergen aan Zee sind Dörfer in der Provinz Nordholland und liegen an der Nordsee. Das Gebiet dort zeichnet sich durch seine einzigartige Dünenlandschaft aus: Hier kannst du die höchsten Dünen der Niederlande erklimmen. Zudem führen die gut beschilderten Routen durch dichte Wälder, offene Heidelandschaften und gemütliche Küstendörfer.
Nördliches Holland: Vechtetal-Route
Der Radwanderweg entlang des Flusses Vechte, die sog. Vechtetalroute, verläuft zu etwa 55 % in Deutschland und zu 45 % in Holland; sie beginnt an der Quelle im Münsterland und endet nahe beim niederländischen Zwolle. Wer also gern in Deutschland starten und längs eines Wasserlaufs ins Nachbarland radeln möchte, findet hier einen bezaubernden und überaus abwechslungsreichen Radweg.
Die Region entlang des Flusses Vechte führt vorbei an malerischen Landgütern, historischen Dörfern und romantischen Wasserwegen, die kulturelle Vielfalt Nord-Hollands ist hier besonders gut erlebbar – top für Genussradler*innen!

Gelderland – Veluwe
Die Veluwe ist eines der größten zusammenhängenden Naturgebiete der Niederlande. Hier erwarten dich endlose Wälder, unberührte Natur und eine reiche Tierwelt. Die Radrouten sind so gut ausgeschildert, dass eine Erkundung des Gebiets kinderleicht ist. Empfehlenswert: Ein Besuch des Nationalparks Hoge Veluwe.

Und hier gibt´s eine gute Auswahl an Unterkünften, z.B. Ferienwohnungen, -häuser und Pensionen: https://www.ferienhausniederlande.de
Anmerkung: Um nicht ständig das Wort „Niederlande“ zu verwenden, habe ich stattdessen z.T. „Holland“ geschrieben, weil das im deutschen Sprachgebrauch deckungsgleich ist. Aber eigentlich ist Holland ein Teil der Niederlande.«
© Marc Fischer
Radlerfreund Winfried schrieb mir zur Ergänzung:
»Wir können durch drei Radtouren quer durch die NL bestätigen, was es für ein Radparadies ist! Mit dem Zug ist das Land von Berlin aus komfortabel erreichbar. Wie immer radelten wir mit unserer Mini-Campingausrüstung, denn Plätze mit guter sanitärer Ausstattung gibt es mehr als ausreichend.
Interessant: Während wir wie immer mit Radtouren-Büchern und Karte „navigierten“, orientierten sich die Einheimischen fast nur am Knotenpunktsystem. Oft hatten sie am Lenker Banderolen mit den entsprechenden Nummern in der Reihenfolge der geplanten Route.
Die Autofahrer sind m.E. überaus rücksichtsvoll und achtsam gegenüber Radlern, ganz anders als in Berlin!«
Hier noch einige Impressionen von Winfried:



