ERGÄNZT + AKTUALISIERT: Radtouren-Proviant: Was soll man am besten trinken und essen?

Ist es gut, vor einer Radtour ordentlich Kalorien zu tanken? Sollte man genug Süßigkeiten dabei haben als schnelle Energielieferanten? Alles Bullshit.

Obstmann: Obst, Gemüse, gesundes Essen machen fit

Thema Essen: Weder zu viel noch zu wenig ist günstig.
Es ist merkwürdig, dass manche Leute sich vor und während einer Radtour den Bauch vollhauen, weil sie meinen, dass das dem Körper mehr Kraft gäbe und ihnen so mehr Kondition bescheren würde oder dass sie ohne das keine ganze Tour radeln könnten. Das ist Unsinn. Außerdem bist du ja kein Hochleistungssportler, der jetzt eine Etappe der Tour de France fahren muss. Ein voller Magen und ein voller Darm machen nicht nur träge, weil du ja das ganze Essen in dir herumträgst, sondern auch weil der Verdauungstrakt dann ackern muss und dir Energie abzieht.
Zu wenig zu essen, kann wiederum zu Unterzuckerung führen und diese wiederum zu Zittern, Schwäche und Kreislaufstörungen (im schlimmsten Fall zu einem Kreislaufkollaps – gefährlich, wenn man auf dem Rad sitzt!).
ABER: Viele Menschen sind gar nicht so schnell unterzuckert, es sei denn, sie haben vorher überwiegend Lebensmittel mit schlechten Kohlehydraten zu sich genommen, da sie Unterzuckerung und Schwächegefühle fördern. Das klingt merkwürdig; hier kommt die Erklärung…

Wie ist das nun mit den guten und schlechten Kohlehydraten?

Dass der Körper am liebsten Kohlenhydrate als Energielieferant hernimmt, wissen wir inzwischen alle. Der Magen-Darm-Trakt zerlegt ja erst mal das Essen und schlüsselt es auf. Alle Kohlenhydrate (die es in verschiedener Form gibt) werden zu Glucose/ Glukose umgebaut, denn in dieser Form kann das Blut sie transportieren.
„Schlechte“ Kohlenhydrate sind die, die der Körper leicht und schnell aufschlüsseln und verwerten kann:
• Raffiniertes Mehl*,
• Stärke,
• Zucker (also Haushaltszucker ebenso wie Fruchtzucker = Fructose, Traubenzucker = Dextrose, Malzzucker = Maltose).
Diese Kohlehydrate werden in Form von Bonbons, Traubenzucker-Täfelchen, Kuchen, Eis, Süßigkeiten, Chips, Pommes u.ä. natürlich schneller aufgeschlüsselt und umgebaut als wenn der Magen-Darm-Trakt erst mal das Lebensmittel aufdröseln muss, etwa weil ein Haufen Ballaststoffe drumherum sind – man nennt das „komplexe Kohlenhydrate“. Da zieht er sie sich erst nach und nach raus. Obst ist also ok, obwohl es viel Fruchtzucker enthält, weil die Fruktose von Fasern (= Ballaststoffen) umgeben ist und der Magen-Darm-Trakt eine Weile braucht, um das aufzuspalten**.
Kommen die Kohlenhydrate aber so daher, dass der Magen-Darm-Trakt sie ratzfatz zu Glucose umbauen und ins Blut ziehen kann, erhöht sich der Blutzucker ebenso ratzfatz und mobilisiert das Hormon Insulin, um die Glucose in die Zellen zu transportieren und die Energie zu regulieren.
Das Insulin „beeilt“ sich total, den Blutzucker zu verteilen: Auf die Körperzellen zum aktuellen Verbrauch, als Vorrat in die Skelettmuskeln und die Leber (die Menge dieses Glucose-Vorrats beträgt 400 – 800 g, das ist echt viel!), und was dann noch übrig ist, auf die Fettzellen (als längerfristiger Vorrat).
Das heißt: Wenn du z.B. beim Radeln hier und da Hunger verspürst und dann nur Süßkram isst, gehen deine Energie und dein Insulin zwar fix in die Höhe, aber da dieses Wunderhormon so schnell arbeitet, sackt kurz darauf – sobald das Insulin diese Kohlenhydrate verteilt hat – dein Energiepegel ebenso schnell wieder ab, oft sogar unter das Level, bevor du die Süßigkeiten gegessen hast (ich könnte das jetzt auch erklären, aber dann wird es zu kompliziert). Sehr viele Menschen kriegen dann ein leichtes Schwäche- oder Heißhungergefühl, das sie rasch mit dem nächsten süßen Snack vertreiben wollen. Und so schicken sie ihren Körper auf eine unglückselige Achterbahnfahrt, die insgesamt mehr Energie kostet als beschert.
Das gilt übrigens auch für gezuckerte Getränke!!
Daher wundert es mich, dass manche Leute zu längeren Radausflügen nur Süßigkeiten und dergleichen mitnehmen; dazu zählen auch Kekse, Schokolade, Zwieback, Kuchen, Brötchen mit süßen Aufstrichen wie Marmelade oder Nuss-Nougat-Creme, minderwertiges Brot, die meisten Müsliriegel*** u.ä..

Günstiger sind demgemäß Nahrungsmittel, wo der Magen und der Darm ein bisschen brauchen, um sie aufzuschlüsseln – so geht die Glukose allmählich ins Blut, der Blutzucker bleibt relativ konstant oder macht zumindest nicht so krasse Auf- und Abwärtsfahrten.

Super für eine gleichmäßige Energie und eine gute Kondition ist es also, vor der Tour nur eine kleine Mahlzeit mit komplexen Kohlenhydraten (und möglichst auch Protein) zu sich zu nehmen und tatsächlich „gesunde“ Snacks einzupacken, die man dann nach Bedarf – also bei Hungergefühlen – isst, etwa ein Vollkornbrot mit herzhaftem Belag, Knäckebrot, Nüsse, Obst, rohes Gemüse wie Karotten, Paprika, Kohlrabi, einen fertig angemachten kleinen Salat etc..

Thema Trinken:

Man kann es nicht oft genug erwähnen – alle wissen es, viele vergessen es innerhalb der Situation – wie wichtig es ist, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Unser Körper braucht es buchstäblich, um im Fluss zu bleiben. An warmen Tagen ist es, trotz erhöhtem Bedarf, leichter, genug zu trinken, weil der Körper dann eher signalisiert, dass er durstig ist, aber bei normalen bis kühleren Temperaturen bleibt dieses Signal oft aus, man trinkt während der Radtour fast nichts und wundert sich dann, dass man sich irgendwann sehr schlapp fühlt, dass die Muskeln nicht mehr geschmeidig arbeiten und man vielleicht sogar Kopfweh bekommt (oder irgendwie neblig im Kopf wird).
Auch WAS man am besten trinkt, wissen mittlerweile alle, nämlich am besten Wasser, wässrige Flüssigkeiten (z.B. Kräuter- oder Früchtetee, Ingwer-Aufguss u.ä.) und stark Verdünntes, etwa Saftschorlen, wo der Anteil des Saftes nur 10 – 45 % beträgt. Denn purer Saft hat einen zu hohen Anteil an Zucker (auch Fruchtzucker zählt als Zucker) und lässt, wie oben schon erklärt, den Blutzucker zu sehr in die Höhe schnellen und bald darauf zu sehr absacken. Auch wissen viele, dass Kaffee nicht gut ist, weil er ein bisschen entwässernd wirkt, aber trinken statt ordentlich Wasser dann halt das leckere Käffchen im Ausflugslokal. Das kannst du aber prima ausgleichen, indem du zu deinem Kaffee ein Glas Wasser nimmst.
Ähnliches gilt für Alkohol. Das weiß ebenfalls jeder, ich sag’s nur vollständigkeitshalber: Auch Alkohol entzieht dem Körper Wasser, und zusätzlich macht er müde. Das gilt für JEDE Art Alkohol, aber für Bier noch mehr, weil da nicht nur die Promille müde machen, sondern auch der Hopfen.

Ich gönn´s dir ja, die süßen Sündchen, das Käffchen und das Bierchen, aber auf dieser Webseite geht es darum, wie man sich selber längere Radtouren leichter macht, und möglicherweise macht eine längere Radtour, die dir ganz leicht fällt und dich über ungewohnt viele Kilometer durch schöne Gegenden führt, NOCH mehr Vergnügen als die paar Minuten, wo Leckereien durch deine Kehle rutschen. 🙂
Wenn deine Gelüste danach sehr stark sind, dann schau, ob du sie nicht am Ende der Tour befriedigen kannst.

* Raffiniertes Mehl ist Mehl, dem die spelzige Hülle (= Kleie) und der Keim (oder Keimling) entfernt wurden; solches Mehl ist länger haltbar und feiner, lässt sich also zu feineren Backwaren verarbeiten – enthält aber fast keine Ballaststoffe und weniger Protein als Vollkornmehl, das diese Bestandteile noch hat. Raffiniertes Mehl gibt es nicht nur bei Weizen, sondern auch bei Roggen, Dinkel und anderen Getreidesorten. Sprich: Dunkles Brot ist nicht automatisch “gesundes” Brot! (Zumal Brot und Brötchen sehr oft mit Zuckercouleur u.ä. dunkel eingefärbt werden.) Und Vollkornbrot kommt keineswegs immer als schwer verdauliches Zeug mit ganzen Körnern daher – sondern auch fein gemahlen als leicht verdauliche Variante wie z.B. in Vollkorntoast. Nicht zu verwechseln mit “Mehrkorn”-Produkten!! Die bestehen in der Regel größtenteils aus Weißmehl, also raffiniertem Weizen.
Das selbe gilt für das sog. Graubrot: Es enthält in der Regel nur raffiniertes Mehl, überwiegend Weißmehl, kleiner Anteil Roggenmehl (auch raffiniert), ist also ernährungstechnisch genauso minderwertig wie Weißbrot oder Brezeln.

** (Anmerkung zu Obst: Ein bisschen ungünstig sind Obstsorten, die sehr süß und leicht verdaulich sind, wie Melone, reife Bananen, Datteln – aber ich will mal nicht so streng sein.)

*** Bei Müsliriegeln gibt es Riesen Unterschiede im Zuckergehalt. Die ganz billigen aus dem Super- oder Drogeriemarkt enthalten meist zur Hälfte Zucker! Oft wird da geschummelt und etwas als “zuckerreduziert” oder gar “zuckerfrei” verkauft, wo nur der Haushaltszucker reduziert und durch andere Zuckerformen wie Fruktose, Maltose oder Dextrose ersetzt wird (die sind alle gleich schlecht wie normaler Zucker). Hochwertige Müsliriegel enthalten z.B. nur 20 % Zucker (damit meine ich alle Zuckerarten), das ist ok, weil ja auch Ballaststoffe drin sind. Schau auf der Packung nach, da steht es genau, wie viel Zucker drin ist.

© Beatrice Poschenrieder

Nach oben scrollen