Wie wichtig sind Radtyp und Radqualität für längere Touren?
Der Typus und die Qualität eines Fahrrades spielen eine RIESEN Rolle, ob eine lange Radtour leicht oder schwer fällt oder nicht einmal machbar ist!
Mit Rad-Typus meine ich die verschiedenen Arten, etwa Trekking-, Touren-, Cross-, Renn-, Falt-, Holland-Rad, City-, Singlespeed- oder Mountainbike usw.. Eigentlich verrät ja schon der Name, wofür sie am besten geeignet sind, und das hat auch seinen guten Grund.
Allerdings ist der Begriff „Tourenrad“ oder „-bike“ etwas irreführend, weil er im Allgemeinen für Fahrräder steht, die für jegliche Touren geeignet sind, also auch z.B. in der Stadt von A nach B, und auf denen man aufrecht sitzt; insofern zählen hierzu auch City- und Hollandräder. Manche verstehen unter Tourenrad aber das gleiche wie das Wort „touring bicycle“ meint, nämlich sehr hochwertige, oft spezialangefertigte Räder für tatsächlich sehr lange Touren und Radreisen. Auf deutsch werden sie auch „Reiserad“ genannt; sie haben, abgesehen von einem speziellen Rahmen, oft auch schmalere und festere Reifen.
Für unsere Zwecke, wie sie auf dieser Webseite gemeint sind, braucht man aber keineswegs ein Reiserad – am allerbesten sind Trekkingbikes geeignet. „Trekking“ bedeutet eigentlich „Wandern“, demgemäß ist ein Trekkingrad auf Radwandern angelegt: Es fährt sich sowohl auf geteerten Wegen als auch auf „leichtem“ Gelände ganz gut. Falls man fast nur auf geteerten Routen fährt, kann man sein Trekkingbike auch ein bisschen über die Reifen tunen, indem man welche wählt, die glatter, fester, vielleicht sogar etwas schmaler sind als die klassischen Trekkingreifen.
Nun kann man ja durchaus auch eine Radtour von, sagen wir, über 50 km mit einem ordentlichen Mountainbike oder Rennrad machen. Sie haben aber üblicherweise beide den Nachteil, dass sie keinen Gepäckträger und einen harten kleinen Sattel haben (wie unbequem das werden kann, hab ich bereits im Beitrag über Gepäck und in «Der optimale Fahrradsattel» gesagt) und man in einer sehr gebeugten Haltung draufsitzt. Das mag bei 1 – 2 Stunden Fahrzeit noch keine Rolle spielen, bei 4 – 5 oder mehr aber durchaus.
Mtb´s haben zudem sehr oft einen Nachteil, den ich weiter unten noch nennen werde.
Da ich öfter im Freundeskreis und früher auch auf einer Aktivitäten-Plattform Radtouren organisiert habe, war/bin ich regelmäßig erstaunt, wie VIELE Leute antreten mit einem eher ungeeigneten Rad (wobei das noch eine freundliche Formulierung ist) und meinen, «DAS GEHT DOCH!»
Ich rede noch nicht mal von denen, die mit Mountainbikes kommen. Sondern eher u.a. mit Rädern, die einfach nicht zum Fahrer passen: zu kleiner oder zu großer Rahmen, Lenker zu hoch / zu tief u.ä.. Teils sind es auch alte Klapperkisten, die schlecht laufen, häufig mit ausgelutschten Kettenblättern und Ketten, die dann beim Umschalten dauernd rausspringen, sodass manche gar nicht mehr schalten, was dann bei Steigungen echt blöd sein kann. Letzteres gilt auch für Singletrack-/Singlespeed-Bikes (die haben gar keine Gangschaltung, sondern nur einen einzigen Gang).
Einige kommen mit zwar neueren, aber sehr billigen Rädern aus dem Discounter, hölle-schwer von Gewicht und hölle-schwergängig im Lauf wegen der minderwertigen Teile (z.B. Schaltung, Naben, Tretlager) und weil sie nicht richtig eingestellt sind.
Merke: Fahrrad-Billigware ist NIE gut und wird dir nie das leichtgängige „Easy Fahrgefühl“ auf ausgedehnten Touren bescheren!!!
Lass dir nie von einem Verkäufer einreden, dass ein Rad, was einen Listenpreis von unter 600 Euro hat, „total super“ sei. Ich rede bewusst vom Listenpreis (oder der unverbindlichen Preisempfehlung), denn ein Fahrrad mit Listenpreis unter 600 Euro KANN einfach nicht super sein – hingegen ein von z.B. 999 auf 599 Euro herabgesetztes Bike kann durchaus anständig sein.
((Anmerkung: Im Jahr 2020, als ich diesen Beitrag verfasst habe, stand da noch jeweils 100 Euro weniger, aber mittlerweile haben sich die Preise ja deutlich erhöht.))
Um dir zu illustrieren,
warum der Typus und die Qualität deines Bikes so eine Riesen Rolle für längere Radrouten spielen,
will ich dir mal wieder meine eigenen Erfahrungen hierzu schildern…
In meinen jungen Jahren hatte ich mit Sport nichts am Hut, also auch nicht mit Radfahren. Jedoch mit 19 – ich lebte bereits in Berlin – schenkte mir jemand ein altes Rad, das ich natürlich auch benutzen wollte. Es war aber ein Herren-Rennrad und damit völlig ungeeignet für mich: Der absolut falsche Radtypus für ein unsportliches Mädel und der Rahmen zu groß, zu hoch. Folglich hatte ich sehr bald einen Unfall. Danach radelte ich viele Jahre lang gar nicht, bis meine kleine Schwester mir elf Jahre später eine gute Beratung gab, welcher Radtyp für mich geeignet wäre und was ich zu beachten hätte.
Ganz wichtig: dass die Rahmengröße passt!
Da ich so ungeübt war, riet sie mir zu einem Mountainbike – und damit kam ich tatsächlich gut klar, da es mir ein Gefühl von Stabilität vermittelte, zumal ich auch im Winter radelte. Es war zwar ein Marken-Bike, aber aus der preisgünstigsten Kategorie: Solide und eher schwerfällig.
Nach zwei Jahren hatte ich so viel Gefallen am Herumradeln gefunden, dass ich eine kleine Erbschaft nutzte, um ein richtig hochwertiges Mountainbike zu kaufen: Superleichter Rahmen, vorn und hinten luftgefedert (ein sog. „Fully“), komplett mit Shimano XT ausgestattet (die damals höchste Klasse), Scheibenbremsen, super Naben von einem feinen Schweizer Hersteller usw.usf..
Damit machte das Radfahren ungleich mehr Spaß als mit meiner schlichten Gurke, ich bekam sofort Lust auf längere Strecken und begann mit den richtigen Radtouren. Damals kamen mir 40 – 60 km schon ziemlich weit vor. Was mich regelmäßig zum Beenden der Tour zwang, war erstens die nach vorn gebeugte Sitzhaltung, die bei mir Schmerzen im Nacken und in den Handgelenken und Durchblutungsstörungen in den Händen bewirkte, ferner der unbequeme kleine Sattel, sodass mir die Sitzfläche weh tat, und natürlich waren nach 60 km auch meine Muskeln müde, weil die breiten und etwas weicheren Stollenreifen einfach mehr Widerstand erzeugen als schmalere, festere, glattere Reifen; und der kleinere Radumfang spielt auch eine Rolle! Ältere und klassische MTb´s haben ja meist 26 Zoll Umfang, im Gegensatz zu „normalen“ Rädern mit 28 Zoll: eine Umdrehung bringt halt prozentual weniger Strecke.
Das alles war mir aber gar nicht so klar, bis 2008 mein damaliger Freund von einem alten Rad auf ein hochwertiges Trekkingbike von einem deutschen Markenhersteller wechselte: Leicht, solide, top ausgestattet. Zuvor hatten wir etwa das selbe Tempo gehabt, und nun fuhr er mir einfach davon, als wäre es nichts! Dabei war ich mittlerweile viel sportlicher als er! Dann machte er mir das schönste Geburtstagsgeschenk, das mir je jemand gemacht hat, nämlich mein erstes Trekkingbike, das selbe sehr tolle Modell wie er, aber natürlich mit einem zu mir passenden Rahmen. Der Listenpreis betrug 1800 Euro, es war aber als Vorjahresmodell auf sensationelle 1090 Euro runtergesetzt.
Ich weiß, dass das für viele Leute durchaus ne Hausnummer ist, wo sie sagen, „ich geb doch nicht so viel Geld für ein FAHRRAD aus!“ Aber ich sag euch: Dieses Bike hat mir die Welt des schönen Radfahrens und der unbeschwert ausgedehnten Touren erst eröffnet! Es war ein Unterschied wie Tag und Nacht zu meinen vorigen Rädern. Als ich die erste Tour damit machte, fühlte es sich an, als würde das Ding fast von alleine laufen! Unglaublich.
Im Nu waren Touren von 100 km und darüber möglich, also mehr als das Doppelte wie mit meinem Super-Mountainbike, das ja eigentlich noch hochwertiger (und teurer) war als das Trekkingrad.
Ich will damit nicht sagen, dass du jetzt auch unbedingt über 1000 Euro für so ein Teil ausgeben musst. Sondern dass du auf keinen Fall eine Billigmöhre kaufen sollst oder viel Geld für neue Teile an deiner alten, steinschweren Karre ausgeben sollst, sondern dir überlegst, zumindest ein gutes Mittelklasse-Bike zu erstehen. Wenn du aufs Geld schauen musst, dann kauf auch nie z.B. im Mai ein nagelneues Modell zum Listenpreis – das wäre die teuerste Variante. Vorjahresmodelle sind oftmals genauso gut wie die aktuellen, aber viel günstiger, und ab Herbst werden sie nochmal runtergesetzt – im Winter eh.
Wenn du im Laden deiner Wahl eines siehst, was dich sehr anspricht, aber es hat nicht den passenden Rahmen, nötige deinen Händler, es dir passend zu bestellen – das macht ihm ein bisschen Arbeit, klappt aber in der Regel.
Und noch ein Argument, warum sich eine Mehrausgabe für ein hochqualitatives Fahrrad lohnt: Es hält einfach viel länger und fährt länger einwandfrei. Dieses eben genannte Trekkingbike hat mir zehn Jahre lang unzählige herrliche Stunden beschert, und obwohl ich in diesen zehn Jahren über 90.000 km damit gemacht habe, musste ich nur einmal ein Kettenblatt austauschen lassen, einen Schlauch und ab und zu die Kette – die restlichen Teile sind immer noch original! Und das Rad läuft immer noch prima. Habe mir 2019 dann aber ein neues gegönnt, weil ich ein NOCH leichteres haben wollte, u.a. ohne Federgabel. Womit wir beim nächsten Punkt wären:
Wie viel Federung am Rad muss sein?
((Text hierzu kommt noch))
© Beatrice Poschenrieder