Regionalbahn und Fahrrad-Mitnahme: 8 Tipps, wie man gut in die Bahn kommt
Gar keine Radtouren mit Bahn-Anfahrt mehr machen, weil dein Rad vielleicht nicht mitkommt? Aber nicht doch: So erhöhst du deine Chance
In der Zeit vom 9-Euro-Ticket war es schwierig, mit dem Bike in bestimmte Regionalbahnen zu kommen (siehe “Neun-Euro-Ticket und Fahrrad-Mitnahme: Erste Erfahrungen”), jetzt ist es schon wieder viel entspannter. Trotzdem kann es passieren, dass man mitsamt Zweirad draußen bleiben muss, weil der Zug zu voll ist. Um diese missliche Lage zu umgehen, habe ich dir hier meine besten Tipps zusammengestellt:
1) Bahnhof klug wählen
Das Problem ist ja nicht unbedingt, auf der Hinfahrt nicht in den Zug reinzukommen – denn dann bist du wenigstens in der Nähe deines Zuhauses und kannst im Notfall wieder heimgehen oder eine andere Bahn nehmen, vielleicht sogar woanders hin. Was vielen von uns eher Bauchdrücken macht, ist der Gedanke, dass man irgendwo weit weg ist von zu Hause, auf dem Bahnsteig stehen bleibt und nicht weiß, ob man an dem Abend überhaupt noch zurückkommt.
Schlau ist es, als Ziel seiner Radtour einen Bahnhof zu wählen, der der Start-Bahnhof des jeweiligen Regionalzuges oder der S-Bahn ist. Sprich, alle Endstationen der S-Bahn oder zum Beispiel folgende End-/ Startstationen von Regionalbahnen: Kremmen, Werneuchen, Wittenberge, Nauen, Ludwigsfelde, Rathenow, Cottbus, Senftenberg, Falkenberg/Elster, Templin, Schwedt, Frankfurt/Oder, Elsterwerda… (Anmerkung: Viele der genannten Bahnhöfe sind sowohl Start- als auch Durchgangsstationen, z.B. Nauen: der RE 2 fährt durch, der RB 10 und 14 starten dort.)
Raus kommt man nämlich immer, selbst wenn der Zug oder das Radabteil voll ist. Ich habe schon in katastrophal überfüllten Radabteilen gestanden und befürchtet, dass ich da nie rauskomme, aber es hat immer geklappt. Manchmal muss man den Mund aufmachen und Mitreisende um Hilfe bitten.
2) Rushhour meiden
Das betrifft zum einen den Berufsverkehr der größeren Städte werktags zwischen 6.45 und 8 Uhr sowie zwischen 17 und 18 Uhr. Zum anderen beliebte Strecken bzw Regionalzüge, z.B.
– die RE 3 und RE 5 zwischen Berlin-Hauptbahnhof und Angermünde bzw Fürstenberg Sa/So von ca. 8 bis 11 Uhr
– die RE 3 und RE 5 zwischen Ostsee bzw Fürstenberg und Berlin-Hauptbahnhof ab Sonntagmittag
– die RE 2 zwischen Berlin-Friedrichstraße und Friesack Sa/So morgens/vormittags
– die RE 2 zwischen Friesack und Berlin Sonntag ab nachmittags
– die RE 2 werktags morgens zwischen Nauen und Königs Wusterhausen
– die RE 2 wochenends morgens zwischen Berlin-Zoo und Lübben/ Lübbenau
– die RE 2 wochenends ab ca. 17 Uhr ab Lübbenau
– die RE 1 wochenends morgens zwischen Friedrichstraße und Brandenburg (Havel)
– die RE 1 werktags um 17 Uhr herum ab Potsdam
– die RB 26 ab Sonntagnachmittag zw. Müncheberg und Strausberg.
– Kleine Züge mit wenig Platz für Räder, die nur alle 2-3 Stunden fahren, wie etwa die RB 54 ab Rheinsberg, können am Wochenende auch mal schnell voll sein.
3) Nicht als große Gruppe in frequentierte Züge einsteigen
Eh logisch, oder? Gibt es Leute, die in größeren Gruppen radeln und dazu auch stark genutzte Regionalbahnen nehmen wollen? Ich kenne keine, denn der Stress ist vorprogrammiert. Bitte lies dazu auch “Bahnfahren mit Rad leichtgemacht: Infos und Tipps”
4) Werktags spät starten, am WE früh
Werktags am besten nach 8, selbst wenn es nur ein paar Minuten nach 8 sind. Damit meine ich den Regio, nicht die S-Bahn. Letztere geht meist, außer frequentierte Linien zwischen 7 und halb8.
“Am WE früh” meint NICHT um 8 (da sind die senilen Bettflüchter schon putzmunter und unterwegs), sondern um 6 oder 7.
5) Vor dem Pulk einsteigen
Wenn du z.B. unbedingt meinst, am Wochenende Richtung Norden fahren zu müssen, dann steig auf keinen Fall in Berlin-Gesundbrunnen ein und auch nicht am Hauptbahnhof, sondern vorher (etwa Südkreuz oder Potsdamer Platz). Oder wenn du in den RE 2 von Berlin Richtung Wittenberge willst, steig nicht am Hbf oder gar später ein, sondern am Ostkreuz.
6) Das richtige Fahrradabteil wählen
Manche Regionalzüge haben auf einem einzelnen Waggon ein Riesen Fahrrad-Symbol, verfügen aber über 3 – 5 Radabteile. Sehr viele Radler stürmen sofort zu dem mit dem großen Symbol, das oftmals eh schon voll ist. Manchmal ist es eine gute Idee, sich auf dem Bahnsteig sozusagen am Ende des Zuges zu postieren (in welchen Abschnitten er hält, verrät die elektronische Anzeigentafel oben), denn dann kommt der einfahrende Zug in seiner ganzen Länge an dir vorbei und du kannst reinschauen, welche Radabteile leerer, welche voller sind. In der Regel steht der Zug ja lang genug, dass du es von hinten nach vorn schaffst, falls das leerste Abteil ganz vorn ist. Es sei denn, der Bahnsteig ist so voll, dass kein Durchkommen ist. In dem Fall solltest du deine Radtour vielleicht umplanen…
7) Gepäckträger-Taschen zu Hause lassen
Falls du ein Fan dieser Fahrrad-Seitentaschen bist, hoffe ich, du hast mich auch nach folgenden Sätzen noch lieb 🙂
Es wird sich mir nie erschließen, wozu man für eine Tagestour so einen “Fahrradkoffer” braucht, oder gar zwei – ich finde das nachgerade asozial, wenn man sie im Zug nicht abmontiert (was leider kaum jemand macht) und sie dann anderen Radfahrern und Kinderwagen den Platz im Abteil wegnehmen. Ein Bike mit ein bis zwei Seitentaschen braucht so viel Platz wie zwei Bikes ohne Taschen! Und viele Radler weigern sich sogar, sie trotz freundlicher Bitte abzumachen.
Ein kleiner Rucksack tut´s auch – nein, nicht auf dem Rücken! Wie man ihn bombensicher auf dem Gepäckträger befestigt und welche Größe optimal ist, steht im Beitrag “Welches Gepäck für größere Radtouren und Tagestouren?”
8) Morgens wohin und dann zurückradeln
Dieser Tipp ist für die, die absolut auf Nummer Sicher gehen wollen: Schau, ob du morgens/vormittags den Zug zu einem Ziel deiner Wahl erwischst, von wo du dann entweder direkt nach Hause oder zu einer S- oder U-Bahn radelst – denn damit kommst du immer heim (vielleicht nicht sofort, aber nach etwas Wartezeit sicher).
Und noch ein wichtiger Hinweis von Radlerin Helga:
«Hilfreich ist, wenn man sich mit anderen Radfahrer*innen im Zug abstimmt, so dass nicht an jedem Bahnhof das unterste Rad im Stapel aussteigen muss und im vollen Zug hektisches Umstapeln ausbricht. Und – vor allem für unerfahrene Radfahrer*innen mit wenig Bahnerfahrung: Leute, stapelt eure Räder. Draußen am RE steht oft, wie viele Räder hier rein dürfen. Diese Zahl bringt man locker unter, wenn man die Bikes eng aneinander anlehnt, also stapelt. Ich erlebe immer wieder, dass Bahnneulinge ihr Rad mit dem Ständer abstellen und nicht zulassen wollen, dass jemand anderer sein/ihr Rad drauflehnt. Grade neulich hat mir wieder einer erzählt, dass sein “E-Bike 3.000 EUR” gekostet hätte und da müsste ich mit meinem Rad schon drauf aufpassen. Noch besser ist, wenn sich jemand auf den Klappsitz setzt und sein Rad wie einen Abstandshalter vor sich hält. DAS IST EIN NO-GO IN 9-EUR-TICKET-ZEITEN.»
Harhar, das sind mir die Liebsten!
© Beatrice Poschenrieder
Das sind gute und pragmatische Tipps. MERCI hierfür. Hilfreich finde ich noch, wenn man sich mit anderen Radfahrer*innen im Zug abstimmt, so dass nicht an jedem Bahnhof das unterste Rad im Stapel aussteigen muss und im vollen Zug hektisches Umstapeln ausbricht. Und – vor allem für unerfahrene Radfahrer*innen mit wenig Bahnerfahrung: Leute, stapelt eure Räder. Draußen am RE steht oft, wie viele Räder hier rein dürfen. Diese Zahl Räder bringt man locker unter, wenn man die Räder nicht einzeln hintereinander stellt, sondern auch aneinander anlehnt, also stapelt. Ich erlebe immer wieder, dass Bahnneulinge ihr Rad mit dem Ständer abstellen und nicht zulassen wollen, dass jemand anderer sein/ihr Rad drauf lehnt. Neulich hat mir gerade erst mal wieder erzählt, dass sein “E-Bike 3.000 EUR” gekostet hätte und da müsste ich mit meinem Rad schon drauf aufpassen. Noch “besser” ist, wenn sich jemand auf den Klappsitz setzt und sein Rad wie einen Abstandshalter vor sich hält. DAS IST EIN NO GO IN 9-EUR-TICKET-ZEITEN.
Oh yessss! Dieser Punkt hilft zwar nicht direkt, dass man selber in den Zug reinkommt, aber er hilft, dass andere reinkommen – je mehr Radler ihn beachten, desto besser sind unsere Chancen in der Bahn insgesamt. Daher füge ich ihn noch in meinen Beitrag ein, wenn du erlaubst. Vielen Dank dafür!
Zum Fahrradstapeln haben wir immer Spannbänder und Klettbänder (um den Lenker gewickelt) dabei. Damit kann man die Bremsen feststellen und die Fahrräder aneinander befestigen, damit sich nichts scheuert und verkratzt
Hey Birgitta, vielen Dank für diese hilfreichen Tipps! Spanngurt hab ich auch immer dabei, aber das mit den Klettbändern kannte ich nicht – prima Idee.
Das könnte alles klappen, wenn nicht viele Züge ausfallen, dann knubbelt sich die Menschenmenge
Und es geht gar nichts mehr
Das haben wir gestern erlebt 🙃
Hey Petra, ja, das ist superblöd, wenn sowas passiert. Magst du noch schreiben, welche Bahn das war, um wieviel Uhr, und was ihr dann gemacht habt? Seid ihr noch mit der Bahn nach Haus gekommen oder musstet ihr radeln?
Übervolle Züge lassen sich mit Vorbereitung und “antizyklischer Nutzung entgegen der erwarteten Stoßzeiten” durchaus umgehen.
Wegen der Hitze und überfüllten Freibäder in und um Berlin habe ich an diesem Wochenende Berlin mit Rad und Zelt verlassen. Wieder früh raus mit dem RE1, den die Pendler nach Tesla Richtung Frankfurt/Oder nutzen.
Aber Rücksicht kannten weder diese noch die mit dem Rad: Die Einen saßen im unteren Radabteil und die mit Rad blockierten den Durchgang für alle Anderen, obwohl wir nur vier Räder im Doppelstockunterabteil waren, in dem 12 Räder passen.
Alleine war ich mit Rad am Sonntag früh von Beeskow mit dem kuriosen Schienenbus der RE 36 einige Stationen in Richtung Königs Wusterhausen gefahren. Und am frühen Nachmittag war die RE 1 nach Berlin wieder mit zwei Rädern fast leer und füllte sich erst mit einer Familie zwischen Erkner und Ostkreuz, weil die S-Bahn Schienenersatzverkehr hatte.