Radtour 127: Polen erkunden! Ab Schwedt via Chojna, Bad Schönfließ, Godkow Osiedle und Europabrücke nach Wriezen

Bild vom Marktplatz in Bad Schönfließ (Trzcińsko-Zdrój) aus: Rathaus Eingang, Statuen Kreuzritter
Zwei Kreuzritter bewachen das „Urzad Miejski“ (Rathaus) von Trzcińsko-Zdrój

Wir besuchen die Städte Königsberg (Neumark) und Trzcińsko-Zdrój, ab da geht´s auf Radstraßen 37 km durch Polen und 12 km bis zum Ziel

Am besten bei wenig Wind / Windstille, okay bei Nordwind (falls nicht zu stark); Gesamtlänge: 83 km

Wie bereits im Untertitel angedeutet, enthält diese Tour fast 50 km reine Fahrradstraße! Und zwar fast durchgehend von Trzcińsko-Zdrój (auf deutsch: Bad Schönfließ) bis Wriezen, nur mit einer Mini-Unterbrechung in Godków Osiedle (Bahnhof Jädickendorf). Das kommt daher, dass auf genau dieser Strecke mal eine Bahntrasse war, die aber seit Jahrzehnten stillgelegt ist (mehr dazu weiter unten).
Ein knappes Drittel davon hab ich dir bereits in Radtour 111 gezeigt, hier kommt die komplette Strecke.
Aber vorher machen wir 33 km, die zwar nicht so relaxt wie die Radstraße, dafür umso interessanter sind!
In Schwedt radeln wir direkt ins Zentrum, und zwar zur Kirche Sankt Mariä Himmelfahrt (dort fängt auch die Fußgängerzone an):

Foto von vorn: Kirche Sankt Mariä Himmelfahrt, Schwedt
Die katholische Kirche Sankt Mariä Himmelfahrt ist neueren Datums: Erbaut 1895 – 98 im neogotischen Stil

Gleich um die Ecke, 100 m weiter, steht die evangelische Kirche St. Katharinen; die Basis entstand zwar schon im 13. Jahrhundert, brannte aber zweimal aus: Um 1885 und im 2. Weltkrieg. Der Wiederaufbau erfolgte 1951 – 56.

Foto von der Vierradener Straße aus: Schwedt, St. Katharinen-Kirche
Die St. Katharinen-Kirche

Das war jetzt kein Umweg, denn ab da geht´s einfach nur geradeaus zu der 3 km langen Kombination aus Brücken und Brückenstraße, die uns über mehrere Wasserläufe und die Oder nach Polen führt. Dabei überqueren wir auch den „Nationalpark Unteres Odertal“ (Info dazu siehe „Uckermark“) – was schon mal unser erstes Highlight ist! Von November bis Ende März ist dieses breite Tal geflutet, in den anderen Monaten ein Refugium für Wasservögel und andere Tiere – stoppe ruhig mal hier und da und lass den Blick schweifen!

Foto vom Radweg aus: Schwedt, Brücke über die Alte Oder, UBS
Das hier ist die erste Brücke ab Schwedt über die Alte Oder
Foto vom Radweg aus: Schwedt, Brückenstraße, Fluss Meglitze
Blick von der Brückenstraße auf die Meglitze, ein Nebenflüsschen der Oder

Erst auf der letzten Brücke überqueren wir die Oder und damit die Staatsgrenze.

Foto vom Radweg aus: Radfahrer auf Oder-Brücke nach Polen zwischen Schwedt und Krajnik Dolny
Auf der Oder-Brücke und auf der Grenze nach Polen
Foto von der Oderbrücke aus: Oder zwischen Schwedt und Krajnik Dolny (Polen)
Hier ist die Oder ausladend breit

Auf der polnischen Seite kommt auch gleich ein Ort, Krajnik Dolny (= Niederkränig); er ist sehr klein und unscheinbar, im Vordergrund steht der typische Polenhandel (Zigaretten, Alkohol, Dienstleistungen).

Foto vom Radweg aus: Krajnik Dolny / Hohenkränig, Polen-Handel
Kaum über die Grenze, empfängt uns der verkaufstüchtige Polenhandel. Außer der Schrift auf dem roten Schild ist alles in Deutsch: „Friseursalon Iwona“, „Zigaretten“, „Schaschlik“ und hinter dem Fußgängerschild „Fajerwerk“

Nun kommt ein etwas heikles Stück dieser Radtour, und zwar auf der polnischen Landesstraße 26, die eigentlich schön geradeaus zu unserem nächsten Highlight führt, Chojna. Doch die 26 weist werktags oft einiges an Verkehr auf und hat keinen Radweg – da donnert schon mal das eine oder andere Auto oder ein Laster an dir vorbei. Zum Glück sind es nur gut 6 km! Man könnte zu Beginn 2,5 km davon umfahren, indem man über Krajnik Gorny (Hohenkränig) radelt, aber ich finde, das lohnt sich nicht so recht (Straße hat teils eine schlechte Oberfläche). Ich habe auch eine von meinem Navi vorgeschlagene Umfahrung ab Grabowo ausprobiert, aber die war grauenvoll (ganz schlechter Weg). Also lieber Augen zu und durch!

Foto vom Westen her: Landesstraße 26 zwischen Krajnik Dolny und Grabowo, Polen
Die Landesstraße 26: Zeitweise auch fast ohne Verkehr und mit schöner Landschaft im Morgendunst

Ich bin die 26 viermal geradelt – immer werktags, unbeschadet – also trau dich auch, denn alles, was danach kommt, ist prima bis klasse!
Eine Teil-Umfahrung, die ganz gut funktioniert, geht 3,5 km nach Grabowo links ab. Sie ist kurz mal etwas holperig, aber nur auf etwa einen Kilometer, und dann radeln wir in aller Ruhe auf Chojna zu (Königsberg in der Neumark). In dieser Kleinstadt hab ich drei Schleifen eingebaut, um alle wichtigen Sehenswürdigkeiten abzudecken. Das hier gehörte im Mittelalter zur Stadtbefestigung:

Foto vom Westen her: Chojna (Königsberg in der Neumark), Stadttor, Schwedter Tor
Wahrhaft königlich empfängt uns das westliche Stadttor, das Schwedter Tor

Jetzt kurz die Erklärung, warum jeder polnische Ort in meinen Radtouren auch einen deutschen Namen hat: Weil vor dem Zweiten Weltkrieg die östlichen Teile des Deutschen Reiches weit in das heutige Polen hineinragten – Pommern, Niederschlesien, Oberschlesien, Ostpreußen. Zusammen hatten diese Länder mehr Fläche das als ganze heutige Brandenburg! Mit und nach dem Krieg verloren wir diese Teile an Polen, die deutsche Bevölkerung wurde vertrieben und nach und nach durch polnische ersetzt.
Wikipedia: „Die Rote Armee, die Königsberg am 4. Februar 1945 nahezu kampflos besetzt hatte, brannte am 16. Februar die gesamte Innenstadt mit der Marienkirche und dem Rathaus nieder. Königsberg war zu 75 Prozent zerstört … Noch vor Kriegsende unterstellte die Rote Armee die eroberte Stadt der Verwaltung der Volksrepublik Polen.“
1946 wurde die Stadt dann in Chojna umbenannt. Man spricht das übrigens mit Ch am Anfang (wie in „ich“) und mit Betonung auf der ersten Silbe, also „Chóina“.
Leider fiel der Brandschatzung nicht nur die gesamte Altstadt zum Opfer, sondern auch prachtvolle uralte Bauten, wie das ursprüngliche Rathaus (erbaut um 1400), die St.-Marien-Kirche (erbaut ab 1389), die Dreifaltigkeitskirche und das Augustinerkloster (um 1290). In den letzten Jahrzehnten wurden diese Bauwerke nach und nach rekonstruiert.

Foto vom Osten her: Chojna (Königsberg in der Neumark), Altes Rathaus, Kulturzentrum
Das ehemalige Rathaus ist heute das Kulturzentrum von Chojna
Chojna (Königsberg in der Neumark), Marienkirche, Foto vom Süden her
Das Wahrzeichen der Stadt und weithin sichtbar: Die riesige Marienkirche. Dahinter (rechts im Bild) steht das Denkmal eines in Polen sehr verehrten Mannes: Johannes Paul II.
Dreifaltigkeitskirche, Chojna (Königsberg in der Neumark), Foto von vorn
Fast ebenso riesig ist das andere wichtige Gotteshaus in Chojna, die Dreifaltigkeitskirche; sie gehört zum ehemaligen Augustinerkloster
Chojna: Bernikower Tor, Stadtmauer
Das ist das zweite Stadttor, das Bernikower Tor – plus ein Teil der alten Stadtmauer
Chojna (Königsberg in der Neumark), Stadtmauer Nord
…und diesem Stück Stadtmauer begegnen wir im Norden der Stadt

Dann nutzen wir sozusagen einen Hinterausgang, die Dworkowa, um aus der Stadt rauszukommen und auf relativ ruhige Landstraßen Richtung Osten zu gelangen.

Chojna (Königsberg in der Neumark), beide Kirchen
Blick zurück: Dieses hübsche Bild bietet sich uns beim Verlassen der Stadt

Auf den knapp 10 km bis zu unserer nächsten Station haben wir links und rechts viel grüne Landschaft:

Foto vom Radweg aus: Landschaft bei Barnkowo östlich von Chojna
Zwischen Chojna und Barnkowo
Foto vom Westen her: Landstraße zwischen Chojna (Königsberg in der Neumark) und Bad Schönfließ (Trzcińsko-Zdrój)
Mittig zwischen Königsberg und Bad Schönfließ: Die Landstraße ist ruhig
Foto vom Westen her: Blick auf Bad Schönfließ (Trzcińsko-Zdrój)
Blick von weitem auf Bad Schönfließ: Links blitzt das eine Stadttor durch die Bäume, ganz rechts ist das andere zu sehen

Auch Bad Schönfließ empfängt uns mit einem mittelalterlichen Stadttor:

Foto vom Westen her: Bad Schönfließ (Trzcińsko-Zdrój), westliches Stadttor
Ebenso wie Chojna, hat Bad Schönfließ zwei alte Stadttore – hier das westliche. Links ein Teil der ehemaligen Stadtmauer

Der polnische Name dieser Kleinstadt (ca. 2200 Einwohner) ist Trzcińsko-Zdrój; das schreibt sich nicht nur kompliziert, es spricht sich auch unaussprechlich: „Trtschinskosdroi“.
Nun zeige ich dir eine Runde durch die Stadt. Als erstes radeln wir mittenhinein:

Bad Schönfließ (Trzcińsko-Zdrój), Rathaus, Marktplatz
Liebevoll geschmückt: Der Marktplatz mit dem Rathaus

…und dann zum Stadtpark; Bad Schönfließ liegt nämlich an einem See, und entlang dieses Sees ist auf der ganzen Länge der Stadt von Nord bis Süd ein breiter Grünzug, der besonders in der Mitte und Richtung Norden sehr hübsch ist:

Blick vom Uferweg aus: Bad Schönfließ, See und Gutshaus oder Schloss
Blick vom Uferweg auf den See; links ist eine kleine Halbinsel mit einem ehemaligen Gutshaus
Foto vom Radweg aus: Trzcińsko-Zdrój (Bad Schönfließ), Stadtpark am See
Links der See, rechts die Stadtmauer, dazwischen der Park mit Annehmlichkeiten fürs Volk, wie ein Backofen und Picknick-Tische

Dann biegen wir wieder ab Richtung Zentrum, streifen einen weiteren mittelalterlichen Turm und besuchen die stattliche Stadtkirche.

Bad Schönfließ: alte Stadtmauer, Storchenturm
Hinter einem besonders alten Stück der Stadtmauer treffen wir auf den Storchenturm – natürlich mit Nest
Foto von der Seite: Bad Schönfließ (Trzcińsko-Zdrój), Stadtkirche
Designmäßig passend zu den Stadttoren: Die Stadtkirche

Vor der Kirche stehen ein Papstdenkmal und eine Marienstatue; auf dem Schild der Maria steht: „Pamiatka Nawiedzenia Obrazu M.B. Jasnogórskiej“. Ich kann kein Polnisch, aber ich glaube, es bedeutet in etwa: „In Gedenken an die Erscheinung des Bildes von Jasna Gora“. Im Wallfahrtsort Jasna Gora befindet sich „das größte Marienheiligtum Mitteleuropas, das zugleich das wertvollste Nationalheiligtum der Polen ist“ (Wikipedia), und zwar ein geheiligtes und sogar gekröntes Bild der Jungfrau Maria, die Ikone der Schwarzen Madonna von Tschenstochau.

Kirche Bad Schönfließ, Marienstatue und Papstdenkmal
Marienkult und Papstverehrung

Danach verlassen wir die Stadt südwärts durch das zweite Stadttor…

Bad Schönfließ (Trzcińsko-Zdrój), Stadttor Süd - Foto von außen vom Süden her
Das südliche Stadttor

…und sind bereits nach 400 oder 500 Metern auf der oben angekündigten herrlichen Fahrradstraße.

Foto vom Osten her: Bad Schönfließ, Radweg bzw Fahrradstraße in Polen
Hier fängt unsere lange Radstraße an

Oh man, die ist wirklich herrlich, zumal sie noch relativ neu ist, also auch noch fast überall schön glatt. Sie wurde, soweit ich weiß, im Zuge der Sanierung und Neugestaltung der alten Oderbrücke Bienenwerder mit gebaut – als polnisch-deutsches Projekt. Ausführliche Infos zu der phänomenalen Brücke und der stillgelegten Bahntrasse, auf der wir jetzt so fürstlich radeln können, findest du in Radtour 43a (etwa in der Mitte des Beitrags).
Aber die Brücke kommt erst 37 km nach Bad Schönfließ, und dazwischen gleiten wir durch grüne, leicht hügelige Landschaft (unser Radweg ist netterweise nicht hügelig!) mit seeeeehhhr wenig Besiedelung – wir begegnen also auch sehr wenig Menschen, zumal Radtouren bei der polnischen Bevölkerung kaum Anhänger*innen zu haben scheinen.

Foto von der Fahrradstraße aus: Radweg zwischen Agneshof und Blankenfelde, Polen
Die meiste Zeit sieht unsere Fahrradstraße entweder so aus…
Foto von der Fahrradstraße aus: Radweg bei Jelenin (Gellen), Polen
…oder so
Bild vom Radweg aus: Radstraße zwischen Butterfelde und Klepicz
…oder so

Unterbrochen wird diese Gleitfahrt nur mal kurz in Godków Osiedle, dort, wo der Bahnhof Jädickendorf ist. Der ist noch in Betrieb – zwar nicht in West-Ost-Richtung (also da, wo jetzt unsere Radstraße ist), aber in Nord-Süd-Richtung von Stettin über Gryfino nach Breslau. Zudem ist um den Bahnhof ein kleiner Ort, daher radeln wir kurz auf einem Radweg an einer normalen Straße lang. Spektakulär ist der Ort nicht, aber er hat eine niedliche Kirche:

Kirche Godkow Osiedle (Bahnhof Jädickendorf)
Sogar der winzige Ort Godkow Osiedle besitzt ein Kirchlein

Auf der Strecke begegnen uns natürlich auch ehemalige Bahnhofsgebäude:

Foto von der Fahrradstraße Bad Schönfließ Siekierki aus: Radweg, ehemaliger Bahnhof Jelenin
Der frühere Bahnhof Jelenin (Gellen)
Foto von der Fahrradstraße aus: Alter Bahnhof Klepicz (Klemzow), Polen
Der alte Bahnhof von Klepicz (Klemzow) ist heute sichtbar bewohnt

Und dann überqueren wir die angekündigte fabelhafte „Europabrücke Neurüdnitz-Siekierki“ – sehr viele Fotos und Infos liefert Radtour 111!

Foto vom Osten her: Oderbrücke Bienenwerder, Ostseite
Das ist die Ostseite der zweiteiligen Europabrücke Neurüdnitz-Siekierki; links ist ein Riesen Teich mit Wasservögeln, rechts sind Info-Tafeln

Ab dort geht´s auf der zugehörigen ehemaligen Bahntrasse auf deutscher Seite ganz geradeaus nach Wriezen.

Foto vom Oderbruchbahn-Radweg aus: Fahrradstraße nordöstlich von Wriezen
Das ganze Stück auf der deutschen Seite gehört zum Oderbruchbahn-Radweg

Die Stadt Wriezen ist gar nicht so klein, aber gastronomisch nicht allzu „einladend“ – am ehesten fündig wirst du im Bereich um die Kirche (unsere Strecke führt dran vorbei); dort gibt es auch einen kleinen Supermarkt, falls du dich noch verpflegen willst.
 
Grobe Streckenführung:
Bahnhof Schwedt (Oder) – Brücken(straße) nach Polen – Krajnik Dolny – Grabowo – Bara – Chojna – Trzcińsko-Zdrój – Fahrradstraße Richtung Südwesten – Godków Osiedle – Zelichów Kolonia – Europabrücke – Wriezen Bahnhof

 
Zur Karte:
Sie enthält
1) ein paar Schleifen in Chojna,
2) eine Runde durch Bad Schönfließ.

Download file: Rt127_Schwedt_Chojna_Bad_Schoenfliess_Wriezen.gpx

Wichtig: Viermal bin ich in mehreren Vartianten von Schwedt über Bad Schönfließ nach Wriezen geradelt, bis die Route optimal war – für dich und MEINE Webseite. Bitte achte darauf, dass sie nicht bei Komoot o.ä. veröffentlicht wird.

© Beatrice Poschenrieder

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